In den Kieten

12. Dezember 2018, Solo zu zweit. Wegelos in den Kieten bei Bad Belzig, in etwas Wald, viel Feld, mit viel Auf und Ab, letztendlich noch einmal in und um die Burg Eisenhardt: schlappe 14 km, trotzdem total kräftezehrend und jetzt knülle…

 

Terassenartig angelegte Felder - wahrscheinlich würden die Rummel sonst den Acker "fressen"
Terassenartig angelegte Felder – wahrscheinlich “fressen” die Rummel sonst zu viel Acker

Die Besonderheit des Flämings, die → Rummel, heute Trockentäler: während der Schneeschmelzen in der Weichseleiszeit haben sich reißende Bäche in den ringsum gefrorenen Boden tief eingegraben. Bis heute fließen Schmelz- und Regenwasser (falls es sie gibt in Zeiten des Klimawandels) von den Höhen genau in diese Senken.

Die Kieten versteckt
Die Kieten versteckt

Die Kieten, eine Rummel südöstlich von Bad Belzig: vor Jahren waren sie noch auf den Wegweisern verzeichnet, auch dann noch als auf dem abzweigenden Weg Richtung Preußnitz und Kranepuhl nur von oben die kleine Brücke auszumachen war.

Brücke über das einstige Wasser der Kieten
Brücke über das plötzliche Wasser der Kieten, das Tal hier inzwischen weit ausgespült

Aus Richtung Bahnhof kommend, habe ich nichts mehr von den Kieten gelesen. Und doch ist es für mich eine der mir liebsten Rummel – seit langem wild belassen, nur im Winter begehbar, wahrscheinlich manchmal sogar streckenweise mit Wasser – zumindest ich habe es schon patschenass erlebt. Einmal noch wollte ich diese Rummel gehen. Es trafen sich ganz passend zwei “wünsch dir was”. Zunächst ermutigende Blicke aus den Höhen, dann hinunter mit dem unbedingten Glauben: wir schaffen das.

Die Kieten, einst der tiefste Abschnitt, jetzt eher von der Seite her in das Tal zielend
Die Kieten hinter der Brücke, einst der tiefste Abschnitt, irgendwann haben die Wetter aber das Wasser von der Seite her ins Tal gedrückt

Die Natur darf hier nichts als Natur sein. Das Rehwild tritt schmale Pfade und lässt kleine Hörnchen liegen. Vogelnester in greifbarer Höhe, hängende Nester – die Haselmaus oder wer?

Die Kieten bei Belzig

Junge Wildnis: drüber und drunter, hoch und runter. Klettern ist angesagt.

Die Kieten bei Belzig

Die Kieten bei Belzig

Die Äcker haben den Kieten den ursprünglichen Wald bis zum Rand abgetrotzt. In der Folge brechen die steilen Hänge ab, Erdrutsche bilden breite Mulden.

Die Kieten bei Belzig

Die Kieten bei Belzig

Der Ausgang der Kieten in Sicht, aber irgendwie setzt sich diese Hauptrummel mit Acker- und Straßenunterbrechungen in schlängelnder Ost-West-Richtung fort bis zur Bahnstrecke. Später ist dort im steilen Bergauf-Bergab zu merken: Tal und Damm wurden nordsüdlich schneidend in diese Landschaftsformation richtig hinein gequält.

Der Ausgang der Kieten in Sicht

Jetzt zehrt aber erst einmal das Wegelose Richtung Kranepuhl an den Kräften und hängt an den Schuhen.

Bodenschwer

So harmlos die Landschaft von den Ackerflächen aus wirkt: im Wald rummelt und rammelt es namenlos weiter hoch und runter – ein einziges Gewirr von zahllosen, dieser für den Fläming so typischen, tiefen Trockentäler.

Tiefe Täler ohne Namen
Ohne Weg und ohne Namen, auf dem Foto das Kraut so irritierend hoch wie die Bäume in der Tiefe

Wie die Kieten verlaufen auch hier die Täler in Ost-West-Hauptrichtung. Wer die wenigen Wege meidet, hat Probleme.

Steine , Steine, Steine
Steine –  in allen Größen, von der Nässe mit wundervollen Farben, an den Seitentälern oft zum Schutz vor der Erosion aufgeschichtet
Sogar ein Näpfchenstein - eindeutig von der Natur geschaffen
Sogar ein Näpfchenstein, ringsum eingedrückt, also eindeutig von der Natur geschaffen
Zu dieser Jahreszeit leckeres Mus zum Naschen
“Oben” an den Wegen leckeres Mus zum Naschen
...und süße Winteräpfel
…und süße Winteräpfel

Bergholz und Borne sind uns schnuppe geworden. Die Biege nach Grützdorf streichen wir auch, schleppen uns auf kürzestem Weg zur Burg Eisenhardt.

Burg Eisenhardt mit Blick auf Belzig
Burg Eisenhardt mit Blick auf Belzig

Erlebnisreich und sehr lesesteinreich. Und eine echte Berlinerin hat zum ersten Mal den Hohen Fläming erlebt. Das ist doch was!

Mit dem Wandersportverein Rotation Berlin in → die Lobbeser und Neuendorfer Rummel

2 Kommentare zu “In den Kieten

  1. War das ein beglückender Tag! Wie gut, daß Du auf die unbequemen, unwegsamen Wege bestanden hast… Es war eine wenn auch anstrengende, aber eine Freude, durch das Urige zu kommen, über den Feldern die Weite zu atmen, sich an Steinen fast satt zu sehen, den Niesel als angenehm zu empfinden, unsere Wanderlust auf Schritt und Tritt zu erleben, das gemeinschaftliche Knüllesein zu guter Letzt… Und überhaupt eine neue Welt zu entdecken, so nah…
    Danke, Karla!

  2. Herzlichen Dank an Katja, die mich auf eine naheliegende Idee brachte: der Ortsname RUMMELSBURG stamme auch von diesen Rinnen-Rummeln ab. Die Gegend um Stralau war mir bisher nur als Teil eines wendischen Urberlins im Kopf.
    Bei Wikipedia ist zu finden: Am Rummelsburger See (damals: Stralauer See) entwickelte sich im 18. Jahrhundert “eine Meierei, die zunächst als Charlottenhof bezeichnet wurde. Nach 1775 sind ebenfalls Fischereien und Gärtnereien nachgewiesen. Als die Meierei vom Weinhändler Johann Jakob Rummel gekauft und in ein Wirtshaus umgewandelt wurde, nannte er sie Rummelsburg. Dieser Name übertrug sich auf die entstehende Ansiedlung.”
    Nicht ungewöhnlich wäre die Herkunft wiederum des Familiennamens vom früheren Wohnsitz des J. J. Rummel an einer Rummel im Fläming. Auch die einstige Geomorphologie ließe die Möglichkeit eines damals noch erkennbaren, sicher unbezeichneten Tales an einem der nördlich vom Stralauer See gelegenen Erosionshänge zu. Und dann kam und sah der Johann Jakob, einstmals aus Flamen und dann aus dem Fläming…
    Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, zumal gesichertes Wissen zur größten Einbildung unserer Zeit gehört.

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